Hug a Tree with all your heart and the pain has no longer power over you.
Ein böser scharfer Wind blies durch die Wälder, er pfiff wild erbost um jedes Häuserdach. Voll Zorn trieb er jedes Geschöpf halb erfroren in warme Herbergen. Schutzsuchend kroch man unter wärmendes Laub oder Stroh. Langsam fielen sanft die ersten Schneeflöckchen des Jahres und bemühten sich, den erzürnten Wind zu besänftigen. Doch der wilde Eiswind stob die kleinen unschuldigen Flöckchen auseinander und pfiff gehässig seine Klänge. Die Schneeflocken fielen daraufhin in großen Mengen vom dunklen Himmel herab und der kalte Wind hatte Freude daran, diese nun umso erzürnter umherzupeitschen. Voll Eifer versuchten die Schneeflocken in sanftem Tanz hinabzugleiten, doch der Wind war voller Zorn. Weißglut erhitzte sein Gemüt und keiner konnte ihm entkommen. Mit riesigen eiskalten Händen warf er die Flocken herum und blies seine Schärfe mit voller Kraft auf die Erde hinab. Gierig blies er scharfe Züge und alles was nicht feste stand, wurde hoch und davongewirbelt. Sternenklar war der Abend und der aufkommende Frost begann ins Land einzuziehen. Väterchen Frost trat stillen Schrittes seine Einkehr an und hüllte alles in seinem frostigen Schleier ein, sodass nach und nach auf jeder Oberfläche eine weiße glitzernde Eisschicht lag und sein Darunter augenblicklich gefror. Nichts blieb vor ihm verschont. Der eiskalte Winter bezog sein Quartier. Mit kalter harter Hand schob er den Herbst beiseite, der lange den Sommer vor dem kommenden Winter warnen, als auch diesen auf ihn vorbereiten wollte. Nun herrschte ein strenger Schneesturm und kein Lebewesen wagte auch nur einen Fuß vor die Türe zu setzen, wenn es nicht sein musste. Ausgenommen der vielen Obdachlosen, deren Schicksal nun in den eiskalten Händen des Winters lag und er wohl einer nach dem anderen das Leben aus der Brust saugen und erkalten lassen würde. Das helle Licht der Straßenlaternen brach sich in den vielen herumirrenden Schneeflocken und erzeugte reflektiertes glitzerndes Licht in der immer größer werdenden Schneedecke auf den Straßen, Dächern und Büschen. Die restlichen Blätter der Bäume lagen verdorrt und braun, nun mit Weiß bedeckt, hie und da herum und zeigten auf, dass das Leben vorbei und nun der Tod heraufgezogen ward. Im neuen Jahr würde das Leben aber wieder in voller Pracht und Blüte zurückkehren und den frischen milden Duft der blühenden Blumen mit sich bringen. Solange würde der Tod im eiskalten Mantel regieren und mit dem wilden scharfen Pfeifen des frostigen Windes seine Hymne erklingen lassen, um die neue Regentschaft einzuläuten, sodass alle Wesen von dieser Kunde erführen und dem neuen Herrscher huldigen mögen. Eine frostige Kälte pfiff um jedes Häuschen und suchte gierig Einlass. Fand sie keines, so versuchte sie es mit kleinen Rillen oder Lücken im Gemäuer, um sich bemerkbar zu machen. Ward es einem kalt, begann man zu frieren, so wusste sie, dass sie bemerkt wurde und schlang ihre Arme noch fester um diese Person. In einem dieser Häuschen saß ein gerechter Mann und las ein Buch. In seiner großen Bibliothek saß er da vor dem warmen Kamin und schmökerte mit erquicktem Herzen. Voller Leidenschaft saugte er jedes einzelne Wort der Lektüre auf und ward so versunken in dieser anderen Welt, dass er gar nicht mitbekam, wie auch in seinem Häuschen die Kälte mit gierigem Herzen Einlass durch eine Luke fand und ihn langsam hart umarmte. Es schien, als würden all die vielen Bücher in den Regalen diesen gerechten Mann mit ihren Zeilen wie eine warme Decke aus geschriebenen Worten umschlingen und beschützen. Immer tiefer grub sich die Kälte in das Fleisch dieses Gerechten, bis es in die Knochen vordrang. Sein Leib begann arg zu zittern und zu erbeben und die Kälte begann bereits höhnisch zu grinsen. Sie fügte dem Manne noch mehr Kälte hinzu, doch dieser regte sich kein Stück. Die Kälte wunderte sich und umschlang ihn immer fester und fester. Aber es half nichts. Da erschrak die Kälte beim Anblick seines Herzens, welches warm und wohlig in der Brust des Mannes schlug und ließ sofort von diesem ab. Dieses Herz war so voller Güte, Wärme und Liebe, dass die Kälte nichts ausrichten konnte. „Guten Tag“, sprach da das Herz zur Kälte. „Wie geht es Dir, meine Tochter?“ Es lächelte. Die Kälte war erschrocken und starrte das Herz nur an. Dieses lächelte die Kälte weiterhin freundlich an und war rein und fein und ohne Vorurteil. Es kannte nichts Schlimmes, alles Böse war ihm fremd. Das Herz sah die Kälte erwartungsvoll an. Aber die Kälte wollte nicht darauf antworten. Ihr war alles Nette und Gute fremd. Sie wandte sich ohne ein Wort ab und schwand hinfort. Das Herz lächelte nur gutmütig und beließ es dabei. Es traf ja nicht oft auf Gesellschaft! Der gerechte Mann bekam von alldem nichts mit, zu versunken schien er in seiner Welt der Bücher. Was ein Buch ihm zu sagen hatte, was es ihm mitteilen wollte, darauf hörte der gerechte Mann wie kein anderer. Stunde um Stunde konnte er sich einem Buche widmen, sich ihm gänzlich hingeben und sich in ihm verlieren. Wie einem guten Freund lauschte er den vielen Worten des Buches und vernahm fast gierig jedes einzelne Wort, das ihm ein Buch zuflüstern konnte, mit solcher Hingabe, dass er fast schon sein Herz daran verlor. Der gerechte Mann, der Bücherflüsterer, ging nicht oft vor die Türe, zu gern verbrachte er seine Zeit in seiner Bibliothek, bei all seinen geliebten Freunden und lauschte ihren Erzählungen von fremden Ländern, Kulturen und Abenteuern. Doch wenn man mal den gerechten Mann auf der Straße traf, so ward diese Begegnung nie umsonst: Jedem Menschen, dem er begegnete, gab er im Vorbeigehen einen Zettel mit, auf dem ein Spruch oder ein guter Gedanke stand. Man wunderte sich zunächst, doch wenn man dann den Zettel öffnete und einen guten aufmunternden Satz darauf fand, so ward man überglücklich und befand diesen Mann als gut und sorgend. Und fragte man ihn um Rat oder Hilfe, so fragte man niemals umsonst. Selbst dann nicht, wenn er wieder einmal mit einem guten Buch dasaß und sich selbst gut sein wollte. Er half gern. Immer. Tag wie Nacht. Wenn man bei ihm anklopfte, klopfte man nie vergebens. Sein weites, gutes Herz war endlos, seine Liebe und Hilfsbereitschaft grenzenlos. Er war alleinstehend und war neutral in seinem Geschlecht. Wenn er nur seine Bücher hatte war er der glücklichste Mann der Welt. Und solange sein Herz rein war, befand er sich und die Welt als gut. Besonders am Abend, wenn es anfing zu dämmern, saß der gerechte Mann wieder in seiner großen Bibliothek in seinem großen roten Ohrensessel vor dem knisternden Kamin und lauschte begierig den weisen Worten eines seiner vielen wortgewandten Freunde, der ihn allabendlich in ferne Länder zu fernen Kulturen in unbekannte neue Abenteuern brachte. Viele Frauen schwärmten für diesen gerechten Mann, doch er sah sie nicht. Viele Männer ersuchten seine Gesellschaft, doch er sah sie nicht. Das war noch nicht einmal böse gemeint, denn er half ansonsten immer wo er konnte. Aber, diese Menschen waren nunmal keine Bücher. Sonst hätte der gerechte Mann keine Sekunde lang um deren Gesellschaft gezögert. Trotzdessen, dass der gerechte Mann selten vor seine Türe trat, besaß er einen guten Ruf. Man mochte ihn. Die seltenen Fälle wo er seinen Fuß auf das Trottoir setzte, waren immerzu gefüllt mit Güte, Freundlichkeit und netten Worten. Pure Sympathie strömte ihm entgegen. Nicht nur, da er ein wohlhabender Mann war und somit keiner Arbeit nachging, sondern auch, da seine Visage solch eine strahlende Sympathie ausstrahlte, dass man ihn, sobald man ihn erblickte, gernhaben musste. Der gerechte Mann besaß einen großen Satz Bücher. Seine Bibliothek war vom Fußboden bis hoch unters Dach vollgestopft mit Büchern jeder Art. Er las für sein Leben gern. Nicht nur Geschichten, nein, auch gerne mal Sachbücher oder Biografien las er. Obwohl so manche Biografie ebenso einer Geschichte glich, einer wahren Geschichte aber. Nichts Schlechtes, Unsittliches, Anstands--, Sitten-- oder Niveauloses kam in das Haus des gerechten Mannes. Er war ein Mann höchster Moral und pflegte seine Tugenden. Sein Geist erhielt ausschließlich Erhabenes und Gehobenes zur Nahrung. Verdorbenes kannte es nicht. Der gerechte Mann sorgte mit hoher Bedachtheit dafür, dass nur Gutes an sein Herz und seinen Geist geriet und sinnierte über dies und das philosophisch nach ehe er allabendlich zu Bett ging. Er war ein Mann weniger Worte, aber vieler Gedanken. Würde er all das, was er dachte, tatsächlich aussprechen, so käme sein Mund nie zur Ruhe. Selbst des nachts hielt er sich selber vom Schlafe mit tiefgründigen Gedanken ab und sein Geist blieb immerzu scharf und hellwach. Tagein, tagaus war der gerechte Mann frohen Gemüts, denn sein Herz pochte vergnügt in seiner Brust. Wie sollte es auch anders sein? Nur Schönes kannte das Herz, die Grausamkeiten der Welt dort draußen waren dem kleinen Herzen fremd. Es ahnte nicht mal, dass es eine andere Welt gab. Noch dazu eine böse. Eines Tages jedoch erhielt sein Herr, der gerechte Mann, einen Brief. Er öffnete diesen und sofort stach dem Herz etwas durch den Leib. Es war ein grauenvoller Schmerz, den das Herz nie zuvor verspürt hatte. Es konnte kaum atmen, es rang nach Luft. Dem gerechten Mann liefen heiße dicke Tränen über das Gesicht und verwischte so die Tinte des Briefes. Er musste sich hinsetzen und legte eine Hand an sein Herz. „Oh, du großer Gott“, brach es voller Schmerz aus ihm heraus. „Oh Gott!“ Dem Herz war all das fremd. Was geschah hier nur? Was hatte das zu bedeuten? Der gerechte Mann schnäuzte sich mit einem Taschentuch und wischte sich nach einem furchtbaren Ausbruch an Tränen diese aus dem Gesicht. Seine Augen waren rot, nass und verquollen. Schon viele Jahre hatte der gerechte Mann nicht mehr geweint. „Nein, nein, nein“, flüsterte der gerechte Mann immer wieder. „Nein, nein, nein.“ Der Schmerz, den das kleine gerechte Herz verspürte, ließ nicht nach. Es stach diesem immer tiefer, immer brennender durch den Leib. Ein glühendes Schwert brach sich Bahn durch das gute Herz und erschütterte dieses so sehr, dass es dachte, es könne nicht mehr weiterschlagen. Mit aller Kraft versuchte das Herz weiterzupumpen, seinen Herrn und sich selbst am Leben zu lassen und weiter Blut durch den Leib zu befördern, auch wenn der Schmerz immer schlimmer wurde. Das Herz musste an sich halten, um nicht zu schreien. Es überschlug sich wild und hoffte auf das Verschwinden des Schmerzes. Plötzlich fiel der gerechte Mann auf die Knie seiner mit Büchern prallgefüllten Bibliothek nieder und weinte und stöhnte und jammerte voller Kummer. Das Herz konnte nicht mehr. Nun schrie auch dieses. Ein glühender Stich durchfuhr es und füllte es gänzlich aus. Das kleine Herz geriet in Panik. Es wusste nicht, wie lange es noch schlagen konnte, wann ihn der Schmerz still stehen ließ. Wann es erlosch. Der gerechte Mann schlug hart mit einer Faust auf den harten Holzboden und fand kein Ende in seinem Tränenmeer. Er konnte nicht mehr aufhören. Erst eine gute halbe Stunde später fand der Mann langsam Ruhe und keine Träne war mehr da, nur noch betäubte Leere. Ganz langsam richtete sich der gerechte Mann auf und nach kurzem Wanken setzte er sich in seinen großen Ohrensessel und sah dem lodernden Feuer im Kamin zu. Noch immer hielt er den unglückbringenden Brief in der Hand, nun ganz zerknittert und nass. Müde und schwach wegen all der Tränen fiel der Mann schon bald in sanften Schlaf und sein Herz, sein müdes kleines Herz, fand allmäh-lich wieder zur Ruhe zurück, behielt jedoch das bren-nende Schwert in seinem Leib, welches in dem Brief enthalten lag.
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